Wiesbaden (Deutschland). Die Umweltverschmutzung mit Plastikmüll und kleinsten Mikroplastikpartikel nimmt laut einer Reihe unabhängiger Studien stetig zu. Besonders Mikroplastik, also weniger als fünf Millimeter kleine Kunststoffpartikel, ist über das Wasser und den Wind bereits in die Arktis, die Antarktis und andere kaum von Menschen bewohnte Gebiete gelangt. Nun haben Forscher des Hessisches Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) untersucht, wie stark deutsche Flüsse mit den kleinen Kunststoffteilchen belastet sind.
Konzentriert haben sich die Wissenschaftler dabei auf den Rhein und die Donau sowie deren Nebenflüsse, weil bereits vor der Studie bekannt war, dass die Gewässer besonders stark durch den Menschen belastet sind. Analysiert werden Wasserproben von 25 Flüssen, die die Wissenschaftler an 52 Orten aus den Gewässern entnahmen. Es handelt sich dabei um die erste umfassende Untersuchung zur Mikroplastikbelastung in Deutschland, die einen Überblick über die Situation von den Alpen bis zum Niederrhein zeigt.
Die Analyse zeigt, dass die Belastung mit Mikroplastik örtlich stark variiert, eine unbelastete Probenstellen gab es in der Studie aber nicht. Laut den Wissenschaftlern wurden insgesamt 4.335 Kunststoffpartikel in den Wasserproben gefunden, davon waren 99 Prozent kleiner als fünf Millimeter. Besonders häufig waren besonders kleine Teilchen zwischen 0,02 und 0,3 Millimeter, die einen Anteil von 62 Prozent ausmachten.
Am geringsten belastet ist laut den Wissenschaftlern der Rhein südlich von Mainz, wo 2,9 Kunststoffpartikel pro Kubikmeter Wasser nachgewiesen wurden. Der Mündungsbereich der Emscher war mit 214 Partikeln pro Kubikmeter das am stärksten mit Mikroplastik belastete Gewässer der Studie. Deutsche Flüsse sind damit ähnlich belastet wie vergleichbare Gewässer in Europa und Nordamerika.
Die Studie konnte außerdem die Annahme widerlegen, dass die Belastung mit Mikroplastik mit dem Flussverlauf zunimmt und dass besonders große Flüsse viele Mikroplastikpartikel enthalten. Laut den Studienautoren „bewegen die Partikelkonzentrationen sich innerhalb eines Gewässers häufig in einer vergleichbaren Größenordnung.“ Auch in Regionen mit großen Städten und Industriegebieten bleibt die Mikroplastikbelastung in den meisten Fällen unverändert. Eine Ausnahme bildet hier die Ruhr.
Ein ebenfalls unerwartetes Studienergebnis ist die Belastung des Rheins und der Donau, die in ihrem Einzugsgebiet nicht zu den am stärksten belasteten Flüssen gehören, Die höchsten Konzentrationen konnten hingegen in kleineren und mittleren Nebengewässern der beiden größten Flüsse Deutschlands gemessen werden. Wie die Wissenschaftler berichten, „wurde im größten untersuchten Gewässer, dem Rhein, eine im Verhältnis eher niedrige bis mittlere Konzentrationen gefunden.“ Verantwortlich dafür ist vermutlich die stärkere Strömung, die zu einer Abnahme der Partikelkonzentration führen könnte.
Neben der Konzentration mit Mikroplastik, untersuchten die Forscher auch, aus welchen Quellen die Partikel stammten. Bei der Hälfte der Teilchen handelte es sich um Polyethylen, bei einem Drittel um Polypropylen. Aufgrund der unregelmäßigen Formen des Partikel nehmen die Forscher an, dass sie beim Zerfall größerer Plastikprodukte wie Tüten entstanden sind. Es wurden aber auch Kügelchen entdeckt, die zum Beispiel in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten eingesetzt werden.
Fasern, die ebenfalls einen hohen Anteil hatten, stammen laut den Studienautoren „aus Textilrückstände, die sich beim Waschvorgang von lösen und über Kläranlagen in die Gewässer eingetragen werden.“ Mögliche Quellen für Plastikfasern sind aber auch Baustoffe, Obstnetze und Seile, die über die Luft und nicht über das Abwasser in die Flüsse gelangt sind.
Die Wissenschaftler konstatieren, dass „auch wenn Ergebnisse aus einmaligen Probenahmen im Rahmen eines Pilotprojektes nicht überinterpretiert werden dürfen, aus ihnen ein guter erster Eindruck über das Vorkommen von Mikroplastik in Binnengewässern Süd- und Westdeutschlands gewonnen werden kann.“