La Jolla (U.S.A.). Kurz nachdem Ausbruch des Coronavirus in China Ende 2019 kamen die ersten Gerücht auf, dass die Krankheit in einem Biowaffen- oder Virologie-Labor künstlich hergestellt wurde. Eine erste Analyse des neuen Coronavirus SARS-CoV-2, die im Journal of Medical Virology publiziert wurde, kam hingegen zu dem Ergebnis, dass sich das Virus in einer Fledermaus entwickelte und dann über die Nahrungskette die ersten Menschen infizierte.
Um dem Ursprung des Virus detailliert zu untersuchen, haben Wissenschaftler Scripps Institute in La Jolla nun eine Vergleichsanalyse der genetischen und molekularen Struktur von SARS-CoV-2 erstellt. Dabei wurde der neue Coronavirus mit den verwandten Viren MERC-CoV und SARS und vier anderen Coronaviren, die allerdings nur leichte Erkältungssymptome auslösen und schon seit längerem auch den Menschen infizieren, verglichen.
Laut der im wissenschaftlichen Fachmagazin Nature Medicine veröffentlichten Studie wurden dabei zwei Merkmale gefunden, in denen sich SARS-CoV-2 deutlich von anderen Coronaviren unterscheidet. Dies ist zum einen das Protein, das vom Virus genutzt wird, um die Zellmembran der Wirtszelle zu durchdringen und zum anderen die Bindestelle des Spike-Proteins, die aus anderen Aminosäuren besteht.
Die Analyse zeigt, dass diese Veränderungen es SARS-CoV-2 besonders leicht machen sich mit Zellen des Menschen zu verbinden, dass der Aufbau aber nicht so optimal ist, wie die Wissenschaftler es von einer gezielten Entwicklung eines Biowaffenlabors erwarten würden. Kristian Andersen erklärt, dass „dies ein starkes Indiz dafür ist, dass SARS-CoV-2 nicht das Produkt einer gezielten Manipulation ist.“
Laut den Wissenschaftlern spricht gegen einen künstlichen Ursprung des Virus auch, dass Viren, die in einem Labor erzeugt werden, typischerweise auf weniger pathogenen oder infektiösen Viren basieren und daher biologisch eng mit ihnen verwandt sind. Wäre SARS-CoV-2 künstlich erzeugt worden, wäre es daher sehr wahrscheinlich, dass zum Beispiel eines der harmlosen Erkältungs-Coronaviren genutzt worden wäre, dessen Pandemie-Potenzial man durch eine gezielte Manipulation oder die Einschleusung von Genen, die dafür sorgen, dass Zellen des Menschen effektiver befallen werden können, gefährlicher gemacht hätte.
Wie Anderson betont, „zeigen die genetischen Daten unzweifelhaft, dass SARS-COV-2 nicht aus einem dieser zuvor bekannte Viren-Grundgerüste abgeleitet ist.“ Die Forscher halten es daher für sehr unwahrscheinlich, dass SARS-CoV-2 durch eine gezielte Labormanipulation eines harmloseren Coronavirus entstanden ist. Die Analyse zeigt hingegen größere Ähnlichkeiten zu Coronaviren, die bisher nur bei Fledermäusen und Pangolins nachgewiesenen wurden. Die Annahme, dass SARS-CoV-2 sich durch Wildtiere auf den Menschen übertrug, scheint damit belegt zu sein.
Die Wissenschaftler konstatieren daher, dass beide Merkmale gemeinsam, die Mutationen in der Bindestelle des Spike-Proteins und sein spezielles Grundgerüst, eine Labormanipulation als potenziellen Ursprung von SARS-CoV-2 widerlegen und dass das Virus daher durch einen natürlichen Prozess entstanden sein muss.
Journal of Medical Virology, doi: 10.1002/jmv.25682
Nature Medicine, doi: 10.1038/s41591-020-0820-9